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MDR-Intendantin Wille: "Gleichstellung noch nicht am Ende eines langen Weges"

14.04.2019

Leipzig. - Auch 100 Jahre nach der Erkämpfung des Frauenwahlrechts in Deutschland ist die Gleichstellung von Frau und Mann "noch lange nicht am Ende eines offensichtlich langen Weges" angekommen. Dieser Befund von MDR-Intendantin Karola Wille stand am Beginn der Konferenz "Frauen in Medien und Politik" am 12. und 13. April,in Leipzig.

Zur Eröffnung der zweitägigen Konferenz sprach Wille "Über den Wert von Gleichstellung für die Gesellschaft". Im Bundestag, so die Intendantin, sitzen heute so wenige Frauen wie zuletzt vor 20 Jahren. Nur jede/r dritte Abgeordnete in den Parlamenten sei weiblich. Wille: "Wenn es in diesem Tempo weitergeht, haben wir erst in 200 Jahren Parität".

Nach wie vor verdienten Frauen weniger als Männer, seien seltener in Führungspositionen vertreten und seien häufiger in Teilzeit oder Mini-Jobs tätig. Vor wenigen Tagen habe das Statistische Bundesamt einmal mehr belegt, dass der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern weiterhin bei 21 Prozent stagniere - zuungunsten der Frauen.

Damit stehe Deutschland im europäischen Vergleich an drittletzter Stelle. Auch 70 Jahre nach der Verankerung der Gleichberechtigung der Geschlechter im Grundgesetz sei festzuhalten: "Frauen und Männer sind vor dem Gesetz zwar gleichberechtigt, im richtigen Leben ist es jedoch oft anders".

Dabei sei die Möglichkeit zur Mitgestaltung ein Kern der Demokratie. "Demokratie ist eine gemeinsame Aufgabe und immer nur so stark, wie die Bürgerinnen und Bürger sie machen", sagte die Intendantin und machte drei Stellschrauben zur Verbesserung der Situation für die Frauen aus:

Das Aufbrechen von verkrusteten Strukturen, "damit wir die Freiheit gewinnen, unsere selbstbestimmten Lebensentwürfe auch wirklich zu leben", eine "Veränderung in den Köpfen" gegen alte Rollenbilder, die nicht zuletzt auch von den Medien transportiert würden, und eine aktiv geführte öffentliche Debatte über wirkliche Gleichstellung.

Die Studie "Audiovisuelle Diversität", die alle großen Sendergruppen mit der MaLisa-Stiftung auf den Weg gebracht hätten, habe vor zwei Jahren vielen in der Medienbranche und in der Kreativwirtschaft die Augen geöffnet und Handlungsbedarf für alle offengelegt. "Jeder von uns - Frauen und Männer - hat auch heute noch Stereotype von den Geschlechtern im Kopf, die unbewusst unser Verhalten und unsere Entscheidungen beeinflussen." Vieles davon setze sich offensichtlich auch in der Online-Welt fort, sagte die Intendantin unter Bezug auf die Ergebnisse einer neuen Studie der MaLisa-Stiftung über weibliche Selbstinszenierung in den Online-Medien.

Gleichwohl sei die Branche an vielen Stellen auf einem guten Weg. Beispielsweise hätten sich die Filmverantwortlichen in der ARD vor einem Jahr dazu verpflichtet, auch Frauen mittleren und höheren Alters als handlungsstarke Protagonistinnen zu besetzen und gezielt nach entsprechenden Stoffen zu suchen. "Dabei geht es nicht nur ums Alter, sondern auch um die gezeigten Berufe und die behandelten Themen insgesamt." Mittlerweile gebe es mehr Aufmerksamkeit für Diversität bei der Auswahl der Stoffe, der Projektvergabe und den Akteuren der filmischen Hauptgewerke.

"Wir brauche mehr starke Frauen auf den Bildschirmen", forderte die MDR-Intendantin: "Darum hatten wir uns im MDR dafür entschieden, 500 Jahre Reformation mit dem Film 'Katharina Luther' zu feiern. Darum liegt der Fokus in 'Charité' auf Ida und ihrem Leben. Und darum haben wir die Bauhausgeschichte aus Sicht von Lotte erzählt. Diese Figuren sind Vorbilder: selbstbestimmt, intelligent, durchsetzungsstark, gewitzt. Und sie sind sichtbar".
(Quelle: MDR)

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