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MEK: Was nach den Engeln kam

23.12.2015

 

 


 

Bemerkt hat man es vielleicht nicht so unmittelbar. Doch spätestens, wenn die Advents- und Weihnachtszeit naht, gerät man ins Grübeln. Wo sind sie geblieben – die Engel auf den Adventskalendern? Die Ausstellung versteht sich als chronologischer Rückblick und Darstellung europaweiter Adventskalender, christliche und politische Aspekte inklusive.

Auf Adventskalendern der atheistisch ausgerichteten DDR sollte nichts an den christlichen Ursprung des Weihnachtsfestes erinnern, daher durfte es dort keine Engel geben. Hinter dem 24. Türchen verbarg sich meist ein geschmückter Tannenbaum oder der Weihnachtsmann.

Viele DDR-Verlage, die noch in den 1950er-Jahren Adventskalender herausgaben, wurden verstaatlicht, so dass sich ihre Zahl stark reduzierte. Der Planet-Verlag Berlin war mit jährlich 1,3 Millionen Kalendern der auflagenstärkste Hersteller. Jedes Jahr wurden dort zwei bis vier neue Motive beauftragt, gestaltet von ausgebildeten Grafikern, die als Kinderbuchillustratoren bekannt waren. Adventskalender wurden nur für den Bedarf in der DDR produziert. Die DDR erlaubte Religionsgemeinschaften die Herstellung kleiner Auflagen christlicher Adventskalender. Diese wurden nicht in Schreibwarenläden oder im staatlichen „Volksbuchhandel“ verkauft, sondern in christlichen Buchhandlungen oder über die Kirchengemeinden angeboten.

Christliche Adventskalender thematisierten das Weihnachtsgeschehen und machten den Nutzer mit der Bibel vertraut. Auf einigen evangelischen Adventskalendern gab es besondere Türchen für die Adventssonntage und die Christgeburt. Aus katholischen Adventskalendern konnten Quartettspiele oder Krippen gebastelt werden, die sich zusätzlich im Rahmen der „Christenlehre“ nutzen ließen.

Zwerg Nase und Dornröschen!

Gestalterisch und thematisch ging man in der DDR neue Wege. Es entstanden Kalender mit Motiven aus Märchen, Sagen und Erzählungen sowie Kalender mit Kindergartenszenen und Spielzeug, aber auch Bastel- und Rätselkalender. Kinder sollten mit dem kulturellen Erbe vertraut gemacht werden, und so waren auf der Rückseite meist Teile der Geschichte oder eine Erläuterung abgedruckt.Die Bilder hinter den Türchen ergänzten sich stets sinnvoll mit dem Deckblattmotiv. Mitunter wurde ein ganzformatiges Bild als Hinterklebung gestaltet, das erst am 24. Dezember zum Vorschein kam.



Bildunterschrift (o.): Lucy Ormerod: Nativity Play. Woodmansterne Publications Ltd, Watford, 2006. Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Ute Franz-Scarciglia

 

Diese und andere Adventskalender sind in der Ausstellung „Vorfreude. Adventskalender in Europa“ zu sehen. Die Ausstellung im Museum Europäischer Kulturen erzählt die Geschichte der Adventskalender in Europa und vor allem in Deutschland.
(Quelle: Museum Europäischer Kulturen)


Weitere Informationen:
www.smb.museum/mek

 

Titelbild: Elisabeth Lörcher: Lied-Kalender für die Adventszeit. Richard Sellmer Verlag, Stuttgart, 1947. Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Ute Franz-Scarciglia