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Münchner Stadtmuseum: Das Oktoberfest 1810 - 2010

11.07.2010

Genauer gesagt: München feiert dieses Jahr das 200-jährige Jubiläum des Oktoberfestes. Die Ausstellung "Das Oktoberfest 1810 – 2010" im Münchner Stadtmuseum ist die offizielle Begleitveranstaltung dieses Festjahres. Auf einer Ausstellungsfläche von etwa 1.500 Quadratmeter
werden knapp 1.000 Exponate gezeigt. Alles in allem eine absolut sehenswerte Ausstellung zur Jubiläums-Wiesn. Sie hält auch für Oktoberfest-Abstinenzler ausgesprochen sehenswerte Ausstellungsstücke parat und wer aufmerksam dabei ist, erfährt viel Wissenswertes im kultur-historischen Zusammenhang. Gottlob bleiben weder der feine noch herbe Humor auf der Strecke, Adel und Volk vereinen sich in der Rückschau, auch wenn die heutigen Bier-Barone, sprich Münchner Brauereien, eindeutig in der Überzahl sind.

Das erste Oktoberfest fand 1810 anlässlich der Hochzeit des bayrischen Kronprinzen Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen statt. Seitdem wird das Oktoberfest kontinuierlich auf der Theresienwiese, genannt Wiesn, gefeiert. Dabei hat sich der Charakter des Festes verändert.
In der Ausstellung werden die Konstanten und Veränderungen in der Geschichte des größten Volksfestes der Welt chronologisch dargestellt. Gezeigt wird der Wandel des Festes vom bayrischen Nationalfest monarchischer Prägung zum größten Bierfest der Welt mit bayrischem Image.

Das Münchner Stadtmuseum besitzt die umfangreichste Sammlung zum Oktoberfest und kann so Objekte präsentieren, die sämtlich am Geschehen des Festes beteiligt waren. Die Sammlung umfasst sogar aktuellste Exponate wie T-Shirts einer italienischen Männergruppe, die direkt im Bierzelt übernommen wurden, oder Utensilien vom "Vorglühen", die bei Eintritt in ein Zelt draußen bleiben mussten.

Der Rundgang durch die Ausstellung, kommentiert von Dr. Florian Dering, stellvertretender Direktor des Münchner Stadtmuseums, und begleitet von Ursula Eymold, Lehrbeauftragte an der Ludwig Maximilian Universität München, beginnt mit dem schrillen Wiesn-Wahnsinn, wie ihn der heutige Oktoberfestbesucher kennt.

Als Kontrast folgt die feierliche Stimmung, die während der Anwesenheit des bayrischen Königshauses von 1810 bis 1913 auf dem Festplatz herrschte. Chronologisch werden die Feste unter den jeweiligen Monarchen erzählt und der Gestaltungswille des Münchner Magistrats, der seit 1819 Veranstalter des Festes ist, herausgestellt. Den feierlichen
Rahmen der ersten Jahrzehnte repräsentieren Gemälde der frühesten Pferderennen, Preisfahnen für die Gewinner der Schießwettbewerbe oder Viehprämierungen des Zentrallandwirtschaftsfestes.

Die Vergnügungen in den Wirtsbuden, die bald an Bedeutung gewannen, werden durch Exponate wie das älteste Bierfass Münchens, Steinzeug-Bierkrüge, Kasperl-Figuren oder Veranstaltungsplakate illustriert.

Der Wandel zum Bierfest in der Zeit um 1900 wird im Anschluss anhand der Entwicklung von den Bierbuden zu den großen Festhallen verdeutlicht. Den massiven Auftritt der Münchner Brauereien dokumentieren die zeitgenössischen Werbeplakate. Erinnerungsstücke an frühe Wiesnwirte wie
der Spazierstock des Steyrer Hans oder der Bierkrug von Michael Schottenhamel runden das Bild ab. Anlässlich der Jubiläumsfeier 1910 wurde größter Aufwand bei der Festplatzgestaltung betrieben.

Zu sehen ist das neun Meter lange Kolossalgemälde, das das Eingangsportal auf der Theresienwiese zierte. Während des Ersten Weltkriegs fanden keine Oktoberfeste statt. Nach dem Sturz der Monarchie stand der Fortbestand des Festes auf der Kippe. Zwei Ersatzfeste 1919 und 1920 machten deutlich, dass trotz wirtschaftlicher Not die Begeisterung für Unterhaltung und Bierzeltstimmung anhielt. Die Schaustellergeschäfte trugen hierzu maßgeblich bei. Aus dieser Zeit sind Fassadenteile, Schiffschaukel-Dekorationen, eine Karussell-Orgel und Geisterbahnfiguren erhalten. 1949 – und wieder geht es weiter, mit neuen Initiativen, neuen Elementen. Der Trachten- und Schützenzug wird zum festen Bestandteil und ist in der Ausstellung mit dem großformatigen Dekorationsteil eines Umzugswagens vertreten.

Für die 1950er Jahren stehen die offiziellen Plakate, die das Fest bis heute bewerben. 1950 ruft zum ersten Mal am Samstag um 12 Uhr der Oberbürgermeister Thomas Wimmer "O’zapt is!". Der Beginn dieses Oktoberfestrituals ist in einem Foto festgehalten.

Die Räume im Museum werden sehr bunt, die Exponate sehr groß: Die Fassade "Im Banne der Motoren" der Steilwand von Kitty Mathieu ist aufgebaut, die Guillotine vom Schichtl wird glücklicherweise nicht benutzt, der Vogeljakob wird neben seinem Stand im Film gezeigt.

Ein ganzer Raum ist dem Thema Bier gewidmet: Wann wurde welches Bier bevorzugt, wie war die Möblierung der Bierzelte, wie kam das Bier auf die Festwiese? Der Besucher erhält Antworten und blickt auf das Prunkgeschirr eines Pferdefuhrwerkes, Holzfässer, Krüge, Tische, Stühle, Bänke, und Blechblasinstrumente.

Und zum Schluss: Wiesn-Wahnsinn! Anzapfen in der Dauerschleife, Wiesn-Dirndl kleidsam, billig, mondän oder trachtig, Originaltöne, Fahrgeschäfte, "Wegen Überfüllung geschlossen", Einlassbänder, zerbrochene Bierkrüge und -bänke. Ab zur Afterwiesn.
Münchner Stadtmuseum

Weitere Informationen:
www.dagusta.de
www.stadtmuseum-online.de

Bildunterschrift: Prinzessin Therese von Sachsen- Hildburghausen, um 1810. Foto: Münchner Stadtmuseum

(Die Links wurden am 11.07.2010 getestet.)