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Preis der Leipziger Buchmesse 2017 geht an: Natascha Wodin, Barbara Stollberg-Rilinger und Eva Lüdi Kong

24.03.2017

Kategorie Belletristik
Natascha Wodin | Sie kam aus Mariupol | Rowohlt

Zur Begründung

In „Sie kam aus Mariupol“ forscht Natascha Wodin nach den Lebensspuren ihrer ukrainischen Mutter Jewgenia - und stößt auf das Schicksal ihrer Tante Lidia. Während die Mutter 1943 mit ihrem russischen Mann als Zwangsarbeiterin in ein Leipziger Montagewerk für Kriegsflugzeuge verschleppt wurde, kam die Tante zehn Jahre zuvor in ein sowjetisches Straflager. Das ist die ungeheuerliche Parallelität, die die Familiengeschichte zerteilt.Erinnerungsarbeit als Widerstand gegen das eigene Zerbrechen: Die Rettung, die sich Natascha Wodin davon erhofft, bleibt aus. Aber die Tapferkeit, mit der sie den Dämonen ins Gesicht sieht, die sie bannen muss, hat auch etwas ungemein Ermutigendes. Davon kann sich jeder Leser von „Sie kam aus Mariupol“ überzeugen.

Die Autorin

Natascha Wodin, 1945 in Fürth geboren, ist seit 1981 freie Schriftstellerin und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt für das Manuskript von „Sie kam aus Mariupol“ mit dem Alfred-Döblin-Preis 2015. In ihren Werken setzt sich Natascha Wodin vor allem mit dem Thema der Entwurzelung, Fremdheit und Ortlosigkeit auseinander. Zuletzt erschienen sind „Nachtgeschwister“ (Kunstmann, 2009) und „Alter, fremdes Land“ (Jung und Jung, 2014).

Kategorie Sachbuch/Essayistik
Barbara Stollberg-Rilinger | Maria Theresia | C.H. Beck

Zur Begründung

Barbara Stollberg-Rilingers große Biographie über die Habsburgerin ist tatsächlich bahnbrechend: Zum einen rückt sie eine der bedeutenden Gestalten in der europäischen Geschichte endlich in das ihr gebührende Licht. Und dieses Licht ist postmodern, so wie sie es selber formuliert. Sie sucht nicht die geheime Wurzel, den Generalschlüssel zur Person, so wie es viele Autoren oft genug versuchen und sich dabei selber täuschen. Sie beschreibt stattdessen dieses Leben als Inszenierung eines Spiels in vielen verschiedenen, aber gleichzeitigen Rollen. (Brikada wird in Kürze eine Rezension des Buches vorstellen).

Die Autorin

Barbara Stollberg-Rilinger, 1955 geboren, lehrt als Professorin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Münster. Sie wurde für ihre Forschung mehrmals ausgezeichnet, u. a. mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis. Sie veröffentlichte Monographien und Studienbücher, zuletzt „Rituale“ (Campus Verlag, 2013) und „Des Kaisers alte Kleider: Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches“ (C.H.Beck, 2013).

Kategorie Übersetzung
Eva Lüdi Kong | Die Reise in den Westen | Reclam

Zur Begründung

„Die Reise in den Westen“ ist das wohl bedeutendste, in jedem Fall das populärste Buch der chinesischen Literatur. Bis heute lebt es fort in Mangas, Filmen, Computerspielen. Wann das Buch entstand, wer sein Autor ist, das weiß man nicht; in seiner heutigen Fassung ist es rund 400 Jahre alt. Dieses Buch hat es bislang auf Deutsch nicht gegeben, höchstens in kleineren Auszügen. Dass es nun in seiner ganzen Fülle und Vielfalt vorliegt, ist das Verdienst von Eva Lüdi Kong. Es war ein Werk der Liebe, das viele Jahre in Anspruch nahm. Sie hat es in ein modernes, lebendiges Deutsch gebracht; aber sie hat noch mehr getan als das. Die vielen uns Europäern unverständlichen Aspekte hat sie durch einen umfangreichen Apparat erschlossen und den Kosmos der chinesischen Kultur zugänglich gemacht, mit all seinen konfuzianischen, buddhistischen, daoistischen, alchemistischen Traditionen. Frau Lüdi Kong hat 25 Jahre in China gelebt, und ohne ihre profunden Kenntnisse, Geduld und Begeisterung hätte dieses außerordentliche Projekt nicht gelingen können. Nicht nur von einer Sprache in die andere hat sie übersetzt, sondern einen Abgrund der Zeiten und Denkungsarten überbrückt, treu dem wahren Begriff der Weltliteratur als einer Literatur aus der ganzen Welt für die ganze Welt.

Die Autorin

Eva Lüdi Kong wurde 1968 in Biel/Bienne in der Schweiz geboren. Bereits während ihres Studiums der Sinologie in Zürich sowie der Chinesischen Kalligrafie, der Kunst und der Klassischen Chinesischen Literatur in Hangzhou war sie als Sprachlehrerin, Dolmetscherin und Übersetzerin tätig. Sie lebte 25 Jahre in China, arbeitete in Lehre und Forschung und widmet sich bis heute vorrangig der Übersetzung und Kulturvermittlung.
(Quelle: Leipziger Buchmesse)


Weitere Informationen:
www.leipziger-messe.de

 

Titelbild (v.l.): Eva Lüdi-Kong, Barbara Stollberg-Rilinger und Natascha Wodin. Foto: © LBM