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Schmuckmuseum Pforzheim: Kleine Dinge - hundertundein Ring

20.01.2013

Ringe können entlang der Lebensstationen ein Bindeglied von der Geburt bis zum Tod sein, in jedem Fall haben sie den Menschen durch alle Epochen begleitet. Während manche in erster Linie dekorativ sind, bergen andere einen tieferen Sinn. Auf einer Fläche von ein oder zwei Quadratzentimetern kann sich eine ganze Welt auftun. Die Ausstellung vom 8. März bis zum 9. Juni aus der eigenen Sammlung des Schmuckmuseums Pforzheim zeigt die Vielgestaltigkeit dieser Kunstwerke im Kleinen und macht sie anhand von Großaufnahmen auch im Detail sichtbar.

Ringe haben weder Anfang noch Ende, sie sind zugleich symbolträchtig und höchst persönlich. „Als Sinnbild engster Verbundenheit ist beispielsweise der Liebesring schon seit drei Jahrtausenden belegt“, erläutert Museumsleiterin Cornelie Holzach. So sollen Schlüsselringe in der Antike die künftige Schlüsselgewalt der Braut symbolisieren, wie eine der Interpretationen dieses schon seit dem 11. Jh. v. Chr. bekannten Ringtyps besagt.

Ein diesem Typus nachempfundener zeitgenössischer Schlüsselring stammt von Sebastian Buescher. Seit dem späten Mittelalter und in der Renaissance waren Zwillingsringe sehr beliebt. Sie wurden bei der Verlobung voneinander getrennt, so dass jeder Partner einen der beiden Ringe tragen konnte, um zur Hochzeit wieder vereint zu werden. Jüdische Hochzeitsringe, die vor allem aus der Zeit zwischen dem 8. und 17. Jahrhundert stammen, sind ausschließlich Zeremonialringe: Als Symbol für das Kaufgeld wurden sie der Braut während der Trauung vom Bräutigam auf den Zeigefinger der rechten Hand gesteckt. Sie sind meist kunstvoll mit Email und Filigran verziert und tragen eine Aedicula – als Sinnbild des Tempels Salomonis oder einer Synagoge – oder die hebräische Inschrift „Masl towf“, was so viel heißt wie „viel Glück“. Im 19. Jahrhundert war auf Liebesringen zudem die Darstellung eines von zwei Händen gehaltenen Herzens sehr beliebt; oder aber ein kleines Döslein, in dem sich als Andenken an den geliebten Menschen eine Locke oder eine getrocknete Blüte aufbewahren ließ. Aufgrund der Kapsel werden sie allerdings auch Giftringe genannt. Als Verlobungs- oder Ehering findet sich zudem häufig die „dextrarum iunctio“, die Darstellung zweier ineinander verschränkter Hände.

Ebenfalls Verbundenheit drücken Trauer- oder Gedenkringe aus. Sie sind oft mit Symbolen wie einer Trauerweide, einer Inschrift aus Namen und Todesdatum des Verstorbenen oder auch einer Haarsträhne versehen. Anlässlich der Hinrichtung Karls I. von England 1649 ist ein Gedenkring aus Bein mit einem Sarg und zwei Skeletten entstanden. So genannte Memento-mori-Ringe mit der Darstellung des Sensenmannes oder eines Skeletts erinnern an die Vergänglichkeit des Lebens.

Eine wichtige Bedeutung haben Ringe zudem als Amulette. Ein ägyptischer Amulett-Siegelring aus der Sammlung des Schmuckmuseums aus dem 14. Jahrhundert vor Christus mit dem Namen Amenhoteps III. hat die Form eines Udjat-Auges; also des Auges des Gottes Horus, das aus einem menschlichen und einem Falkenauge zusammengesetzt ist. „Udjat“ bezieht sich außerdem auf eine Hieroglyphe, die „glücklich sein“meint. So diente das Udjat-Auge in Ägypten sowohl gegen den bösen Blick als auch gegen Augenkrankheiten. Ein russischer Amulettring aus dem Jahr 1800 trägt dagegen die Gravur eines Dreiecks als Symbol der Dreieinigkeit in einem Karneol; auf dessen Rückseite findet sich die Inschrift „Du, lieber Gott, du wirst meinen Weg verbessern und mich vor Verderben bewahren und wirst dein Werk retten“. Dies wird auf der Außenseite des Reifs ergänzt durch „Mein Gott, mein Helfer, auf ihn vertraue ich“.

Darüber hinaus können Ringe auch Status und Macht zum Ausdruck bringen. Ein besonderes Beispiel für Ringe als Statussymbole sind sogenannte Papstringe. Der Sinn dieser Ringgattung ist bis heute nicht ganz ergründet. Waren es Schauobjekte, die die hohe Würde ihres Besitzers unterstrichen oder galten sie als Beglaubigungszeichen päpstlicher Gesandter?

Die Ausstellung „Kleine Dinge – hundertundein Ring“ ist aus der Ringsammlung des Schmuckmuseums zusammengestellt. Sie basiert auf zwei außerordentlich umfangreichen und bedeutenden Privatsammlungen, die das Haus übernehmen konnte. Dies ist zum einen die Sammlung des Frankfurter Industriellen Julius Jeidels, die kurz nach 1900 nach Pforzheim gelangte; zum anderen sind es die drei Sammlungen des Zeichners, Kunstprofessors und Ringfachmannes Heinz Battke, die 1954, 1963 und 1969 erworben werden konnten.
(Quelle: Schmuckmuseum Pforzheim)

Der Eintritt in die Schau ist im Museumseintritt inbegriffen.

Weitere Informationen:
www.schmuckmuseum.de
(Der Link wurde am 20.01.2013 getestet.)

Bildtext: Ring: Sebastian Büscher, London, 2007. Foto: Winfried Reinhardt