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Franz von Sickingens Ebernburg – „Die Herbergen der Gerechtigkeit in den stürmischen Zeiten der Reformation“

15.03.2015

Lesesonntag: Weit überlebensgroß und dramatisch bewegt stehen sie da. Ein Triumphmal in Bronze. Ulrich von Hutten und Franz von Sickingen – zwei Weggefährten des frühen 16. Jahrhunderts, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: der scharfzüngige Vordenker der Reformation und der machthungrige Fehderitter, der ihm und seiner Sache Schutz gewährte. Doch das Denkmal steht nicht im Dienste der Reformation, sondern der Nation: „Den Vorkämpfern deutscher Einheit und Größe / Ulrich von Hutten / Franz von Sickingen“, steht auf dem Sockel. Enthüllt wurde es 1889, in Zeiten des deutschen Kaiserreichs, unterhalb der Hauptburg des Sickingers, der Ebernburg bei Kreuznach in der Pfalz. Viele Pilger zog es in der damaligen Zeit national-euphorischer Verblendung zu dem Denkmal.


 

Bildtext (r.): Hieronimus Hopfe Bildnis Franz von Sickingen, pr GS 1990 4 

„Die Herbergen der Gerechtigkeit“ – so nannte Hutten die Ebernburg in seinem 1520 erschienenen „Gesprächsbüchlein“, einer reformatorischen Streitschrift, die er „dem edlen, hochberühmten, starkmütigen und ehrenfesten Franzen von Sickingen“ widmete. Doch was meinte er damit? Sickingen hatte sich durch seine Feldzüge zu einer ernstzunehmenden Macht im Rhein-Main-Neckar-Gebiet entwickelt. So konnte er es sich erlauben, auf seiner Hauptburg reformatorischen Geistlichen Asyl zu gewähren, die an ihren Wirkungsorten verfolgt wurden: für die Papsttreuen eine Provokation.


Luther selbst lehnte eine Einladung auf seinem Weg zum schicksalhaften Wormser Reichstag von 1521 ab. Doch kamen andere: Martin Bucer etwa, der später als der große Reformator Straßburgs zu Berühmtheit gelangen sollte. Bucer war es, der Herzog Ulrich von Württemberg maßgeblich dabei unterstützte, die Reformation in Württemberg einzuführen. 1521 floh er vor einer Anklage wegen Häresie auf die Ebernburg – Hutten hatte ihn im Namen Sickingens eingeladen. Zum Schluss verschlug es ihn nach England. Noch posthum wurde er dort unter Maria „der Katholischen“ (1553-58) als Ketzer verurteilt, sein Leichnam exhumiert und mitsamt seinen Schriften verbrannt!
 


Bildtext: Kassel Museumslandschaft "Sickingenbecher"

 

Dann war da Kaspar Aquila, der schon früher in Sickingens Diensten gestanden hatte: als Feldprediger. 1516 brachte ihm das Vergehen der Priesterehe eine Kerkerhaft in Dillingen ein. Anschließend begab er sich mit Frau und Kind nach Wittenberg – ins Zentrum der lutherischen Reformation. 1521 begegnet er Bucer auf der Ebernburg, wo er mit der Erziehung von Sickingens Söhnen betraut war. Er war der einzige der Reformatoren, der bis zum bitteren Ende auf der Ebernburg verblieb. Um sein Ende rankt sich eine schillernde Legende: Bei der Belagerung der Burg 1523 sei er mit den Burgmannen in Streit geraten. Zweimal hätten sie versucht, ihn mit einem Geschütz über die Mauern zu schießen – beide Male eine Fehlzündung – was für ein schicksalhafter Ort diese Ebernburg!
 

Bildtext: Landesmuseum Mainz
 

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(Quelle: © 02-2015 by CAB-Artis/ www.cab-artis.de)


Bildtext (r.): Marburg Hessisches
Staatsarchiv Schandbrief

 

Weitere Informationen:
www.gdke-rlp.de
www.landesmuseum-mainz.de

 

 


Titelbild: Ebernburg bei Kreuznach in der Pfalz, Hauptburg des Franz von Sickingen. Heute sind die malerischen Burganlagen und Burgruinen der rheinland-pfälzischen Burgenlandschaft einzigartige Reiseziele für einen Ausflug ins Land des „letzten Ritters“.